Liebe Leserin, lieber Leser,

am 24.10.1648 wurde der Westfälische Frieden geschlossen. 300 Jahre später feierte Münster das große Jubiläum. In der kriegszerstörten Stadt hatte gerade der Wiederaufbau begonnen. Es waren armselige Zeiten.

 

Meine Bildgeschichte erinnert an diesen Gedenktag, der inzwischen 70 Jahre zurückliegt, aber auch daran, dass anlässlich der Jubiläumsfeier der wiederhergestellte Rathaussaal erstmals wieder genutzt werden konnte.

 

Ihr Henning Stoffers


1948 - 300 Jahre Westfälischer Frieden

Sonderausgabe einer Zeitschrift
Sonderausgabe einer Zeitschrift

Am 24. Oktober 1648 fand die formelle Beendigung des apokalyptischen

Dreißigjährigen Krieges in Osnabrück und in Münster statt:

Der Westfälische Frieden

Barackenunterkunft in Coerde - Foto Pan Walther
Barackenunterkunft in Coerde - Foto Pan Walther

Vorbereitungen


Anlässlich des Gedenktages wurde eine kleine Broschüre mit dem ,Amtlichen Programm' aufgelegt. Im Folgenden werden hieraus Ausschnitte gezeigt.

Die Pferdegasse, hinten links die alte Universität
Die Pferdegasse, hinten links die alte Universität

Münster lag darnieder. Großflächige Trümmerwüsten prägten das Stadtbild. Von der Schönheit vergangener Zeiten war nichts mehr zu erahnen. Die Wohnungsnot war groß. Die Menschen kämpften um ihre Existenz und fassten nur langsam wieder festen Grund unter ihren Füßen.

Das Krameramtshaus mit seitlichen Stützbalken
Das Krameramtshaus mit seitlichen Stützbalken

Es waren gerade einmal drei Jahre nach dem Zusammenbruch und dem Ende des Krieges vergangen. Und in dieser schweren Zeit sollte ein großes Jubiläum begangen werden: 300 Jahre Westfälischer Frieden.

 

Bereits 1937 hatte der damalige Stadtarchivar Dr. Eduard Schulte das Thema aufgegriffen. Es sei zu überlegen und zu planen, wie und in welcher Form - natürlich nach nationalsozialistischer Ideologie - das Jubiläum begangen werden könnte. Man dachte später in Berlin sogar daran, in Münster nach dem Hitlersieg den Verliererstaaten die Bedingungen für einen demütigenden Friedenschluss aufzuzwingen.

In den ersten Jahren nach dem Krieg waren die Stadtverordneten mit der Bewältigung der chaotischen Zustände der Stadt aufs Stärkste gefordert, so dass die Ausrichtung einer Jubiläumsfeier zunächst keine Priorität fand.

 

Erst im Frühjahr 1948 wurde mit der Planung einer Friedenswoche mit einem Gedenktag am 24. Oktober begonnen. Es sollte ein ganz besonderer Gedenktag werden, der den Aufbruch in eine neue Zukunft - nach dem Trauma der Nazidiktatur - nicht besser symbolisieren konnte.

Der ,Ehrenausschuss' der Friedenswoche war höchstrangig besetzt: NRW-Ministerpräsident Karl Arnold, Konrad Adenauer (damals noch Präsident des Parlamentarischen Rats), Reichskanzler a.D. Heinrich Brüning, Kardinal Joseph Frings, Bischof Michael Keller, Oberbürgermeister Franz Rediger, Landeshauptmann Bernhard Salzmann usw.

Die Friedenswoche war bis ins Detail durchplant.  Es gab mehr als ein Dutzend Veranstaltungen, eine Gedächtnisausstellung, viele Ansprachen und Empfänge, Glockengeläut, einen Fackelumzug und die Einweihung des wiedererstandenen Friedenssaal.


Der damalige Stadtarchivar Dr. Ernst Hövel schlug zur Erinnerung an das Ereignis vor, eine Gedenkmünze schlagen zu lassen, einen Sonderpoststempel herauszugeben und einen Friedenspreis zu stiften.


Die Münze trägt die Aufschrift: Pax optima rerum', übersetzt:

,Frieden ist das höchste Gut'

Der Gedenktag am 24. Oktober

Der Tag begann mit katholischen und evangelischen Gottesdiensten. Bischof Michael Keller feierte in der Kreuzkirche ein Pontifikalamt. Danach läuteten die Glocken von St. Lamberti. Auch die Rats- und Brandglocke stimmte misstönig*) in das Geläut ein, die eigentlich nur bei der Wahl eines Bürgermeisters oder bei drohender Gefahr gebaiert wurde. Vielleicht war man etwas zu unbekümmert und gedankenlos, zumal die Glocke folgende Inschrift trägt: ,Vocor horribilis tempore periculi cives convocans. Anno Domini MDXCIIII'. (,Man nennt mich die Schreckliche, da ich in der Zeit der Gefahr die Bürger zusammenrufe. Im Jahre des Herrn 1594'. )

*) Das Geläut der Lamberti-Glocken ist harmonisch aufeinander abgestimmt. Die Rats- und Brandglocke dagegen passt in ihrer Tonlage nicht zu den anderen Glocken und wird einzeln gebaiert.

Die Ruine des Rathauses
Die Ruine des Rathauses

Vom altehrwürdigen Rathaus stand nur noch die klägliche Ruine, als die Festgäste unter Fanfarenklang in den gerade wiederhergestellten Friedenssaal einzogen. Das während der Kriegsjahre ausgelagerte alte Inventar stand wieder an seinem angestammten Platz. Genau an dem Platz, an dem vor 300 Jahren nach dreißig schrecklichen Kriegsjahren der ersehnte Frieden geschlossen worden war.

Waffensammlung im Friedenssaal
Waffensammlung im Friedenssaal

Den frühen Wiederaufbau des Friedenssaales im Jahre 1948 ermöglichten Spendensammlungen, die die Kaufmannschaft

angestoßen hatte. Im Stadtsäckel gab es dafür kein Geld, da das Wiederherstellen einer funktionierenden Infrastruktur (Strom- und Wasserversorgung, Schulen usw.) zunächst wichtiger war.

Die Einladungskarte zur Teilnahme am Gedenktag bot dem Ehrengast einige besondere Vorzüge. Neben reservierten Plätzen bei allen Veranstaltungen, konnten die Mahlzeiten in den Gaststätten ohne Abgabe von Lebensmittelmarken eingenommen werden.

In diesen Tagen gab es viele symbolträchtige Aktivitäten. Friedenstauben starteten vom Domplatz. In historischen Trachten fand ein Umzug statt. Beethovens 9. Sinfonie wurde aufgeführt. Und es gab in der Domruine und im Turm von St. Lamberti ein bengalisches Feuerwerk. Das feuerrot lodernde Abbrennen erinnerte die Passanten fatal an die Brandfackeln nach den Bombardierungen.

Im Nachhinein

Salzstraße
Salzstraße

Für Münster stellten die Friedenswoche und der Gedenktag einen außerordentlichen Erfolg dar. Die überregionale Presse und der Rundfunk berichteten in vielen Beiträgen über das Ereignis. Sogar eine Grußadresse von Papst Pius XII. konnte in den Gottesdiensten verlesen werden.

 

Münster hatte sich weit über die Grenzen Westfalens hinaus positiv in Szene gesetzt. Aber auch schon damals verhallten die vielen Friedensappelle, genauso wie es heute der Fall ist.

 Die stark beschädigte Ludgerikirche
Die stark beschädigte Ludgerikirche

Quellen

Text und Idee: Henning Stoffers

Der Spiegel 30.10.1948: Heute begraben wir
Ursula Rombeck-Jaschinski: Der Westfälische Friede zu Münster 1648-1948
Westfälische Zeitschrift 142

Fotos: Sammlung Henning Stoffers wenn nicht anders benannt