Februar 2021

Liebe Leserin, lieber Leser,

Münster vor einem halben Jahrhundert. Wie sah damals unsere Stadt aus? Was hat sich verändert? Und so habe ich diesmal einen kurzweiligen und auch etwas nostalgischen Spaziergang in die 1960er, 1970er Jahre ausgewählt. Der erste Teil behandelt den Altstadtbereich, der zweite Teil den Bereich außerhalb der Promenade und beim dritten Teil sind es Gaststätten und andere Besonderheiten.

 

Ihr Henning Stoffers


Ausflug in die 60er-70er Jahre - Teil 1

Wie sehr sich ein Stadtbild im Laufe von 50-60 Jahren ändert, zeigt dieser kleine Spaziergang durch das Münster jener Jahre. Vieles erkennen wir kaum wieder, mutet uns fremd an oder gibt es nicht mehr.

Rund um den Prinzipalmarkt


Der gerade wiederaufgebaute Prinzipalmarkt (Bild oben) wirkt in den frühen 1960er Jahren wie ausgestorben. Ohne Probleme fanden Autofahrer einen Parkplatz - natürlich ohne Parkgebühr. Es gab in dieser Zeit ambulante Zeitungsverkäufer, wie hier vor Stuhlmacher. Die Boulevardgazette ,Abendpost' titelte reißerisch: ,Gefahr des Frühlings: Kinder verschwinden'.

 

Der Publikums- und Autoverkehr hatte einige Jahre später deutlich zugenommen (rechtes Bild). Das Kopfsteinpflaster bekam sogar auf Höhe des Stadtweinhauses einen Zebrastreifen.

Der Wochenmarkt auf dem Domplatz mit einfach ausgestatteten Ständen
Der Wochenmarkt auf dem Domplatz mit einfach ausgestatteten Ständen

Das Bild des Wochenmarktes hat sich in den letzten 50 Jahren spürbar gewandelt. So gehörten früher lebendes Geflügel und Kleinvieh - Hühner, Enten, Karnickel - ganz selbstverständlich zum Angebot. Für die Kinder war es ein großes Vergnügen, die Küken zu beobachten oder den Stallhasen zu streicheln. Heute ist das Warensortiment größer geworden, aber der Ursprung als Gemüsemarkt ist auch heute noch unverkennbar.

Der Neubau der Regierung
Der Neubau der Regierung
Das Gebäude der Regierung wurde während des Krieges beschädigt, aber nicht zerstört.
Das Gebäude der Regierung wurde während des Krieges beschädigt, aber nicht zerstört.

Viele alte, charaktergebende Gebäude mit ihrer Einzigartigkeit und Geschichte wurden durch neue ersetzt. Dies hat nicht immer zur Verschönerung beigetragen, sondern führte zu mehr Uniformität und Homogenität.

 

Aber auch Schönes und architektonisch Anspruchsvolles ist entstanden, wie zum Beispiel die Stadtbücherei, das LWL-Museum und das Theater aus den 50er Jahren.

Cafè Kleiman, rechts ,Die Praline'
Cafè Kleiman, rechts ,Die Praline'
Die Kreuzstraße mit Blick auf Überwasser
Die Kreuzstraße mit Blick auf Überwasser

Das Straßenbild der 1960er, 1970er Jahre vermittelt Ruhe und Gemächlichkeit. Für den Prinzipalmarkt und den Drubbel bestehen noch keine Beschränkungen für den Autoverkehr.

Oben:

1973 findet das Bundesschützentreffen statt. Der Umzug zieht durch die Straßen der Innenstadt. Die Rothenburg zeigt sich mit dem damaligen Gebäude der Sparkasse - inzwischen Münster-Arkaden - und dem alteingesessenen Schmuckgeschäft Sütfeld.

 

Rechts:

Ein Jeansladen hat das Geschäft von Sütfeld übernommen. Die vormals schmucke Hausfassade macht einen heruntergekommenen Eindruck. Links ist das Firmenschild des damals bekannten  Spielwarengeschäftes Hochherz zu sehen.

Foto Erwin Schröder
Foto Erwin Schröder

Diese Aufnahme entstand ebenfalls auf der Rothenburg mit Blick zur Königstraße. Rechts ist die Außenfassade des Geschäfts Coppenrath & Mühlenbein zu erkennen, auf der linken Seite die Fassade der Stadtsparkasse. Im Hintergrund steht das Gebäude der damaligen Dresdner Bank. Das Gebäude wurde entkernt und erhielt eine neue Fassade.

1959 wurde gegenüber der Dominikanerkirche das Althoff-Kaufhaus (später Karstadt) errichtet. Die hässliche Außenfassade (pastellfarbene, grünliche Kacheln), dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend, wurde einige Jahrzehnte später neu gestaltet.

Dieser Behelfsverkaufsraum von Karstadt stand Mitte der achtziger Jahre auf dem Parkplatz an der Asche - Alter Steinweg. Damals war das ursprüngliche Karstadt-Gebäude (Foto siehe weiter oben) komplett abgerissen und neu gebaut worden (Eröffnung 1986). Der Verkauf wurde auf verschiedene Häuser verteilt, und zwar in das ehemalige Althoff Gebäude in der Salzstraße und in den obigen Flachbau. Heute befindet sich an dieser Stelle der eindrucksvolle Neubau der Stadtbibliothek.

1970 begann erstmals ein Weihnachtsmarkt in unserer Stadt. Initiatoren waren der Schausteller Willi Köhne, Bernhard Siefert und der Antiquar Bernhard Hüning. Münsters Attraktivität für Einheimische und Besucher sollte gesteigert werden. Es waren zunächst kleine Veranstaltungen, die sich auf den Rathausinnenhof beschränkten. Mit wenigen Verkaufsständen, einem Karussel und einer Imbissbude wurde begonnen. Das Pferdekarussel-Foto stammt aus dem Jahre 1972.

Erinnerungen - Müpopo Karl-Heinz ,Bubi' Gieseler

Was waren das herrliche Zeiten, als ich mit meinem Käfer über den Prinzipalmarkt hoppeln konnte! Da gab es den freundlichen Polizisten Karl-Heinz ,Bubi' Gieseler, der vor dem Stadtweinhaus ein wachsames Auge auf den nicht nennenswerten Verkehr hielt.

Karl-Heinz ,Bubi' Gieseler - Grafik: Wilfried ,Schrolli' Schroeder
Karl-Heinz ,Bubi' Gieseler - Grafik: Wilfried ,Schrolli' Schroeder

Bubi, so wurde er allgemein genannt, war eine liebenswerte Institution unserer Stadt. Aber auch unter diesem Namen war Bubi bekannt: Müpopo. Abkürzung für: ,Münsters populärster Polizist'.

 

Vor Weihnachten, wenn er den wenigen Verkehr von der Straßenmitte aus regelte, legten die Autofahrer kleine und große Präsente als Dank um ihn herum ab. Nach einigen Stunden türmte sich um Bubi herum ein Berg von Geschenken. Oft war es eine Germania-Bierkiste, eine Flasche Wein, eine Flasche Mariacron, ein Weihnachtsbaum oder ein üppiger Präsentkorb. Die kleinen Gaben wurden gern angenommen und gingen an soziale Einrichtungen.

 

Leider hatte ich nicht die Ehre, mit Bubi einmal ins Gespräch zu kommen. Ich hätte mich schon direkt vor seinen Augen verkehrswidrig verhalten müssen. Dann hätte er keinen Verweis ausgesprochen oder mich gar zur Kasse gebeten, nein, er hätte mich freundlich ermahnt...

An der Neubrückenstraße

Die Maximbar an der Ecke Neubrückenstraße gehört längst der Vergangenheit an. An dieser Stelle ist nunmehr das Restaurant

Pasta e Basta zu finden. In dem linken, mit weiß abgesetzten Fenstern befand sich in der 1. Etage die Tanzschule Charly Zimmermann.

Das Agnesheim an der Voßgasse - Neubrückenstraße wurde trotz einiger Bürgerproteste abgerissen. Ein Erweiterungsbau der Volksbank entstand an dieser Stelle. Das alte Volksbankgebäude ist rechts am Bildrand zu erkennen.

Zur Bundestagswahl am 19.11.1972 teilten sich die Parteien eine Plakatwand. Links beginnend mit der SPD mit Willy Brandt und Karl-Heinz Walkhoff, dann die CDU mit Friedrich Adolf Jahn und Walter Scheel mit der FDP. Es folgen die DKP, die EFP, die FSU und die NPD. Die Reihenfolge bestimmte sich nach der Größe der jeweiligen Partei. Vielleichte eine Anregung für die Politik, dass diese Regelung gar nicht so schlecht ist. - Die Aufnahme entstand an der Wasserstraße, rechts das Adolf-Kolping-Berufskolleg.

Ludgeristraße wird Fußgängerzone

Ludgeristraße
Ludgeristraße

1969: Eine Bürgerinitiative schaffte es innerhalb von nur 6 Monaten, die

Ludgeristraße für den Autoverkehr sperren zu lassen. Ursprünglich sollten die Bürgersteige nicht abgesenkt werden. Aber die Argumente für eine fußgängerfreundliche Straße überzeugten die Verantwortlichen der Stadt - die Bordsteine verschwanden. Eine absolute Neuerung, so etwas kannte man in Münster bisher nicht.


Die linke Aufnahme zeigt den Eingang der Ludgeristraße. Links das Gebäude der Sternapotheke. Straßenbahnschienen sind noch eingelassen, die später entfernt wurden. Das Foto wurde um 1960 gemacht.

 

Die Gaststätte Rietkötter (rechtes Bild) hat 1972 bereits Tische und Stühle für die Außenbewirtung herausgestellt. Erst zwei Jahre zuvor war dieser Straßenbereich zur Fußgängerzone erklärt worden. Neben Rietkötter waren das Textilhaus Müller-Wipperfürth und das Schuhgeschäft EDOX benachbart.


Quellen

Text und Idee: Henning Stoffers

Abbildung soweit nicht anders angegeben:

Sammlung Stoffers (Münsterländische Bank Thie - Stadtarchiv)