Zum Tode von Rudolf Breilmann

Trauerfeier für Rudolf Breilmann

am Freitag, 26. Januar 2018, 15 Uhr,

in der Zionskirche Handorf

 

Auszüge der Ansprache von Pfarrer i. R. Karl Hermann Schlosser


Liebe Frau Breilmann, liebe Angehörige, liebe Freunde und Bekannte des Verstorbenen, liebe Trauergemeinde...

 

...Die Gemeinde der Zionskirche ist froh über die wunderbare Bronze-Figur des auferstandenen, segnenden und einladenden Christus von Rudolf Breilmann aus dem Jahr 1965. - Weniger bekannt und beachtet ist sein Bronze-Kruzifix im Gemeindehaus nebenan mit dem brutal ans Kreuz geschlagenen Christus ...

 

Dazu schrieb ich einmal in unserem Gemeindebrief folgende Betrachtung:

"Am Kreuz festgemacht, starr fixiert, - doch ungebeugt, unverbogen, (...), geradlinig, (...), selbst ganz und gar eins mit dem Kreuz, an das er geschlagen ist: Urbild und Vorbild des leidenden Gerechten.

 

Rudolf Breilmann sagte mir dazu in einem Gespräch, geradezu im Gegensatz hierzu! die Christusfigur in der Kirche: hier die geradezu heiter anmutende Leichtigkeit und Schwerelosigkeit des Auferstandenen und zu Gott Auffahrenden, der uns einlädt, zu ihm zu kommen und ihm zu folgen und uns mit ihm in das neue Leben erheben zu lassen. Eine zutiefst österliche Gestalt, ein Bild frohgemuter Zuversicht!"

 

Es war Rudolf Breilmanns ausdrücklicher Wunsch, dass seine Trauerfeier einmal hier in dieser Zionskirche gehalten werden soll. Er fand die Vorstellung sehr bewegend, dass dies gewissermaßen im Anblick des auferstandenen, einladenden und segnenden Christus geschehen würde, stimmte meinem entsprechenden Vorschlag zu und betraute mich mit ihrer Ausrichtung.

 

Was der Zionskirche eigentlich immer gefehlt hatte, war irgendein bildlicher Bezug auf den N a m e n dieser Kirche.

 

So entstand 1990 - aus Anlass des 50. Geburtstages des damaligen Gemeindepfarrers - die Idee, dieses Kanzelrelief mit der Darstellung des Einzugs der Seligen nach Zion, in das himmlische Jerusalem, das den Kirchenbesuchern das Ziel unserer irdischen Wanderschaft vor Augen hält. bei Breilmann in Auftrag zu geben.

 

In dem Zusammenhang beeindruckte mich, wie der Künstler auf Wünsche und Anregungen seiner Auftraggeber einging. So hatte ich den Vorschlag gemacht, aus zwei Entwurfsskizzen eine dritte Version zu erstellen, die gewissermaßen eine Kombination der beiden Entwürfe bedeutete. Und Breilmann hat das bereitwillig und ohne Bedenken aufgenommen und realisiert.

 

Und dann fehlten mir im Entwurf KINDER unter der Schar der in das himmlische Jerusalem Einziehenden. Auch diesen Wunsch erfüllte er gerne.

 

Und auch das darf ich in dem Zusammenhang noch erwähnen, weil es ein bezeichnendes Schlaglicht auf die noble Haltung dieses Menschen wirft: Am Ende stellte Rudolf Breilmann uns für dieses Kunstwerk nur die Kosten der Gießerei in Rechnung. Auf das ihm zustehende Honorar für seine Arbeit verzichtete er vollständig. ...

 

Rudolf Breilmann war ein äußerst begnadeter und doch ungemein bescheidener Künstler. Er strebte nicht nach Reichtum. Dazu fehlte ihm wohl auch die verbreitete Neigung anderer, finanziell sicherlich erfolgreicherer Kollegen, viel Lärm um sich zu machen und zu provozieren, um sich ins Gespräch zu bringen. So lassen sich ja im gegenwärtigen Kunstbetrieb Hunderttausende verdienen.

 

Die Christusfigur in der Zionskirche steht so ziemlich am Anfang seines Schaffens als Bildhauer.

 

Davor hatte er als seine wohl bedeutendsten Skulpturen die vier großen Figuren aus Baumberger Sandstein für den Haupteingang des Paulus-Doms von Münster vor dem sog. "Paradies" geschaffen, die Karl den Großen sowie den heiligen Georg, den heiligen Michael und den heiligen Ludgerus zeigen. Eine Münsteraner Sehenswürdigkeit ersten Ranges!

 

Die mit der Zeit stark verwitterten Figuren wurden vor geraumer Zeit von einem Spezialisten gründlich und fachkundig restauriert - dank einer großherzigen Spende eines Freundes des Künstlers.

 

Was Rudolf Breilmann in dem Zusammenhang schmerzte, war der Umstand, dass diese Figuren immer noch nicht wieder an ihren alten Platz gebracht worden sind...

 

... Bereits seit den 60er Jahren war Breilmann ein gefragter Bildhauer. Um nur einige seiner großen und allgemein bekannten Plastiken zu nennen:

So entstand 1966 die Großplastik des Heiligen Nikolaus am Aufgang zum Dom / Ecke Bogenstraße, und im selben Jahr die Schwurhand und Friedenstaube an der Rückseite des alten Rathauses zur Erinnerung an die feierliche Beschwörung des Westfälischen Friedens im Rathaus von Münster.

 

Zur gleichen Zeit etwa entstanden die drei großen Bronzereliefs zur Stadtgeschichte hinter dem neuen Rathaus.

 

Auch aus den 60-er Jahren stammt der große Bronze-Engel, der sog. "Toten-Engel", der Herz-Jesu-Kirche Münster.

1968 schuf der ehemalige Schüler des Paulinum-Gymnasiums die markante Großplastik des Hg. Paulus für "seine" Schule. Breilmann hatte schon früh seinen eigenen Stil gefunden, dessen unverkennbare Charakteristik an dieser Figur besonders gut erkennbar ist.

 

Dann (1969) gestaltete Breilmann das bronzene Kirchenportal der Martinikirche, und später, 1985, ein solches auch für die Petrikirche.

 

Für den früheren Pfarrer Klaus Jung aus Gelmer schuf Breilmann eine große bronzene Grabstele, die man auf dem dortigen Friedhof betrachten kann.

 

Neben den vielen sakralen Werken stellte Breilmann auch weltliche Gestalten dar wie (1970) etwa die Großplastik "Spökenkieker" im Mühlenhof am Aasee, oder (1983) die Großplastik "Gespräch" an der WGZ-Bank.

 

Für Roxel, den Ortsteil, in dem Breilmann wohnte und sein Atelier hatte, schuf er für den Kirchplatz der St. Pantaleonkirche eine Gruppe von drei Großplastiken mit Figuren aus dem berühmten Gedicht der Annette von Droste-Hülshoff "Der Knabe im Moor", den Fiedler Knauf, den Schäfer Heidemann und die Spinnlenor. Hier zeigte Breilmann seine besondere Verbundenheit mit seiner münsterländischen Heimat und ihrer großen Dichterin.

 

Von seiner Heimatverbundenheit zeugen auch der Marktbrunnen in Rheine oder der große Brunnen in Lüdinghausen mit 9 Bronzereliefs zur Stadtgeschichte.

 

Darüber hinaus zieren unzählige weitere Arbeiten aus Breilmanns Werkstatt das Stadtbild von Münster und anderer Orte des gesamten Münsterlandes wie in Nottuln oder Maria Veen und darüber hinaus, die in diesem Rahmen natürlich nicht alle aufgezählt werden können.

 

Es hat schon seine Berechtigung, wenn Henning Stoffers, ein subtiler Kenner seiner Arbeiten, Breilmann einmal "den Bildhauer der Stadt" nannte, und man darf mit Fug und Recht ergänzen: er war auch der Bildhauer des Münsterlandes - und darüber hinaus. Erwähnen möchte ich als schönes Beispiel nur den großartig gestalteten Dasbach-Brunnen in Trier von 1984.

 

Und wir selbst entdeckten auf einer Ferienreise in Hameln vor dem "Hochzeitshaus" eine schöne Großplastik mit einem tanzenden Paar. Es war unschwer zu erkennen, w e r der Schöpfer dieses Kunstwerks war. - Und so kann man sozusagen auf Schritt und Tritt Spuren seines Schaffens begegnen.

 

Breilmann schuf auch unzählige Kleinplastiken aus verschiedenem Material, kleine Reliefs und Plaketten. Außerdem war er ein subtiler Zeichner und Maler. Von Urlaubsreisen nach England, Frankreich, Nordafrika und Italien bis hinauf an die Nordseeküste brachte er Skizzenhefte mit, die als Vorlage zu herrlichen Aquarellen dienten, die mit ihrer feinen Zeichnung und in ihrer zarten, zurückhaltenden Farbgebung faszinieren.

 

Hier sind es vor allem Landschaften, die ihn inspirierten. Seine Liebe zur Poesie animierte ihn zu köstlichen, einfühlsamen Illustrationen, etwa zu dem "Spanischen Liederbuch" von Hugo Wolf. Dabei kam immer wieder seine Menschlichkeit wie auch sein feiner Humor zum Vorschein.

 

Henning Stoffers spricht zutreffend von der "ästhetischen Zartheit und Strenge", die seine Werke ausstrahlen, neben einer oft "hintergründigen Fröhlichkeit".

 

Auch Tiere, das sei schließlich nicht unerwähnt, waren häufig Gegenstand seiner Betrachtung und Darstellung. Da gibt es keine Verniedlichungen. Vielmehr gefällt mir bei diesen Arbeiten besonders, wie sehr er dem Tier mit Respekt begegnet, sozusagen auf Augenhöhe, und ihm seine Hoheit und Würde lässt und diese mit großem Ernst zum Ausdruck bringt. Ich denke nur z.B. an die Skulptur mit dem Fuchs.

 

Seine künstlerische Hinterlassenschaft hat Rudolf Breilmann schon vor Jahren dem Museum "Religio" in Telgte vermacht. Dabei war ihm in Aussicht gestellt worden eine Ausstellung mit seinen Werken und die Herausgabe eines umfassenden Werksverzeichnisses. So wurde es auch der Öffentlichkeit gegenüber vermittelt: die Presse berichtete davon (z. B. "Hallo Telgte" vom 10.01.2010)

 

Auf die Einlösung dieses Versprechens wartete Breilmann seitdem vergeblich - zu seinem sehr großen Leidwesen.

 

An e i n e neuere Skulptur Breilmanns möchte ich am Ende noch kurz erinnern: den Heiligen Nepomuk, den Wahrer des Beichtgeheimnisses, auf der Aabrücke am Bispinghof, der den Finger des Schweigens an den Mund legt. Diese Gestalt entspricht im übertragenen Sinne Breilmanns Neigung zu den eher leisen Tönen. Das Laute lag ihm nicht...

 

...Lassen Sie es mich mit den Worten von Hermann Hesse sagen, die ich im vorigen Jahr in meinem Glückwunschschreiben an Ihren Mann zur Vollendung seines 88. Lebensjahres zitierte:

Was wäre mit uns,

wenn wir das nicht hätten:

das Bilderbuch der Erinnerung,

den Schatz an Erlebtem!

Kläglich wäre es und elend.

So aber - mit dem Bilderbuch der Erinnerung - sind wir reich

und tragen nicht nur einen verbrauchten Leib

dem Ende und Vergessen entgegen,

sondern sind auch Träger jenes Schatzes,

der so lange lebt und leuchtet,

als wir atmen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.